Für 17€ kann man einen Freund auf eine Pizza einladen. Oder man fliegt eben von Köln nach London, inkl. Rückflug versteht sich.
Dieser Preis ist weder ein Scherz noch eine Ausnahme, zumindest bei Ryanair.
Nicht nur Billig-Airlines, sondern auch hochpreisige Konkurrenten, wie die Lufthansa konnte das Unternehmen bereits auf die hinteren Plätze verweisen.
Schnickschnack kennt das Unternehmen nicht. Der konsequente Blick fürs Wesentliche hat dem Unternehmen diese Spitzenposition eingebracht.
Ryanair’s Marketingstrategie zeigt, dass es seine Kosten auf verschiedenen Ebenen niedrig hält, um seine Markposition zu sichern.
Jahrzehntelang zählten Geschäftsreisende und die Mittelschicht zu den Kunden von Airlines. Denn die Branche entwickelte sich erst nach dem 2. Weltkrieg allmählich und sowohl Erfahrung als auch Effizienz waren noch gering.
Entsprechend hoch waren die Flugpreise. Regelmäßiges Fliegen war etwas für Gutbetuchte. Airlines fügten daher zusätzliche Komfortmerkmale hinzu um mehr durch Service als Effizienz in die Gewinnzone zu kommen.
Der Fokus auf Geschäftsreisende und auch die Einführung der Business Class machten Lufthansa, Air France und Co. schließlich zu mächtigen Unternehmen.
Mit zunehmendem Wohlstand wuchs eine breite und im Vergleich zu damaligen Zeiten kaufkraftstärkere Unterschicht heran. Dies ebnetet den Weg für Billigairlines, denn zusammen mit der Mittelschicht hat sich die Anzahl potentieller Kunden vervielfacht.
Auch Social-Media treibt den Markt an, allen voran Instagram. Wer die App öffnet muss nicht lange warten, um das Bild eines Freundes vor einer schönen Urlaubskulisse zu sehen.
Unter allen Billigairlines die auf dem Markt gegeneinander konkurrieren ist Ryanair dominierend. Abgesehen von den Billigairlines hat Ryanair selbst Lufthansa nach Anzahl verkaufter Tickets überholt.
Mit 152 Million verkauften Tickets im Jahr 2021 gilt das Unternehmen seitdem als Marktführer auf dem europäischen Kontinent.
Massenmarketing: Nur ein Kundentyp
Lange Zeit war es für Airlines üblich sowohl eine Business- als auch eine Economy-Class anzubieten. Damit sollten sowohl preisbewusste Käufer als auch Käufer, die Wert auf Service legen, angesprochen werden. Ryanair hingegen verfolgt eine strikte Massenmarktstrategie.
Der Markt könnte nach verschiedenen Kriterien aufgeteilt werden und bearbeitet werden, um die verschiedenen Bedürfnisse der Kunden zu berücksichtigen. Dennoch verzichtete Ryanair auf die Aufschlüsselung des Gesamtmarktes in Teilmärkte bzw. die Ansprache einzelner Zielgruppen.
Stattdessen schaut das Unternehmen eher auf Gemeinsamkeiten als auf Unterschiede. Eine Gemeinsamkeit, die sich unter allen Käufergruppen widerfindet ist der Wunsch von „A nach B“ zu kommen.
Ryanair fokussiert sich auf genau diese Dienstleistung und bedient den Gesamtmarkt einheitlich. Diese Strategiealternative ebnete zudem den Weg für standardisierte Prozesse, durch die die Kosten niedrig gehalten werden können.
Der Wegfall der verschiedenen Klassen bedeutet zum Beispiel, dass Flugbegleiter effizienter eingesetzt werden können. Statt verschiedener Prozesse für Economy- und Business-Class Kunden, gibt es nur einen Kundentyp, auf den sich die Flugbegleiter konzentrieren müssen.
No-Frills-Strategie: Kein Schnickschnack
Die Massenmarktstrategie bildet den großen Rahmen der Marketingstrategie. Konkreter wird es jedoch mit der No-Frills-Strategie die das Unternehmen verfolgt.
No-Frills bedeutet soviel wie „ohne Schickschnack“. Eine Niedrigpreisstrategie kann eine No-Frills-Strategie sein, muss sie aber nicht.
Denn eine Niedrigpreisstrategie bezieht sich nur darauf, dass ein Unternehmen günstiger als Konkurrenten ist. Die Möglichkeiten günstiger zu sein, können dabei vielfältig sein.

Der Grundnutzen liegt beim Fliegen dabei von „A nach B“ zu kommen. Das bedeutet, dass Ryanair konsequent auf weitere Nutzenkomponenten verzichtet.
Dieser strikte Sich auf den Grundnutzen, bedeutet in der Praxis: Abgelegene Flughäfen, alte Flugzeuge, wenig Beinfreiheit, nur ein kleines Gepäckstück, keine Verpflegung inklusive, keine Sitztaschen, viele Passagiere und Lärm, um nur einige der kostensparenden Maßnahmen zu benennen.
Durch diese Maßnahmen schafft es die Fluggesellschaft die Kosten niedrig zu halten. Für Kunden die sich mehr wünschen, bietet das Unternehmen Services gegen Zusatzgebühren an. Beispielsweise mehr Gepäck oder Getränke.
Die No-Frills-Strategie hat sich bisher auf dem Lebensmittel- und Mobilfunkmarkt bewährt. Beispiele dafür sind Aldi und Congstar. Und auch auf dem Markt der zivilen Beförderung über den Luftweg erscheint diese Strategiealternative vielversprechend.
Denn mit Blick auf die Kunden wird klar, dass sich Menschen in erster Linie auf den Aufenthalt am Zielort freuen, beispielsweise 7 Tage auf Mallorca. Ansprüche an den Flug, der zeitlich im Vergleich zum Aufenthalt gering ist, sind daher nicht groß.
Mit seiner No-Frills-Strategie konnte Ryanair die Kosten permanent senken und diese Kosteneinsparungen an die Kunden weitergeben.
Markenmanagement: Einfach billig
Ryanair ist günstig, billig trifft es aber besser. Denn kaum was anderes assoziiert der Kunde mit dem Unternehmen. Das Attribut dominiert die Markenidentität, für das was Unternehmen steht.
Ein Blick auf die Webseite genügt, um zu sehen, dass das Unternehmen mit sehr niedrigen Preisen wirbt. Und auch die Aufmachung der Werbung als Ganzes wirkt billig. Das ist so gewollt und spiegelt sich im gesamten Marketing-Mix wieder.
Um seinem billigen Charakter treu zu bleiben, bedient es sich nicht teurer Plakatwerbung, geschweige denn Fernseh- oder Funkwerbung. Vielmehr setzt das Unternehmen auf Aktionen, die auf das billige Image einzahlen.

Am Black Friday gab es zwei Flüge zum Preis von einem. Und Verliebte konnten sich am Valentinstag für 14,99€ Flüge sichern.
Das Billig-Profil des Unternehmens ist glaubwürdig. Denn während andere Unternehmen ihre Produkte gerne mal mit Preisen beispielsweise „Ab 14,99€“ bewerben, ohne dieses Werbeversprechen wirklich einlösen zu können, sieht es bei Ryanair anders aus.
Diese Glaubwürdigkeit honorieren Kunden mit Mundpropaganda. Bei einem Gespräch bei dem es um günstige Flüge, fällt ganz sicher immer der Begriff „Ryanair“.
Angekurbelt wird die Bekanntheit und das Image der Marke auch von Public Relations, meist vom Chef höchstpersönlich. Er brachte die Idee von Stehplätzen oder Toilettennutzungsgebühren ins Gespräch.
Jahre später ruderte der Chef zurück und teilte mit, dass die Ideen nicht ernst gemeint waren und es ihm mehr darum ging Aufmerksamkeit zu erzeugen.
Tatsächlich berichtete die Presse häufig und brachte Ryanair auf diese Weise viel Publicity ein. Dem billigen Image dürfte es vermutlich eher geholfen als geschadet haben.
Eine Markenpositionierung muss glaubwürdig sein damit sich diese in der Psyche des Kunden verankert. Ryanair verspricht nicht mehr als es leisten kann, weshalb das Auftreten der Marke unter markenpolitischen Aspekten als exzellent bezeichnet werden kann.
Marktdurchdringung: Bahn-Konkurrent
Ryanair wuchs von einer kleinen Airline, die in den 1990er Jahren fast pleiteging, zu einem Konzern heran.
Diese Entwicklungen vollzogen sich zu einer Zeit, zu der Lufthansa bereits mächtig genug war, um dem Unternehmen Einhalt zu gebieten.
Damals hatte Lufthansa jedoch kein Interesse daran, sich das Geschäft mit günstigen Preisen zu kannibalisieren. Die Zielgruppe der zahlungskräftigen Kunden stand beim Kölner Unternehmen weiterhin im Fokus.
Ryanair griff den Wettbewerb mit Strecken an, die wenig bedient wurden. Dies taten sie, bis sie schließlich mit zunehmender Größe beliebtere Strecken anbieten konnten, auf denen auch Lufthansa präsent war.
Seit jeher hat Ryanair Kunden der Konkurrenz gewinnen können. Im Marketing-Jargon wird dies als Marktdurchdringungsstrategie bezeichnet. Denn die Dienstleistung die Ryanair anbietet kann nicht als innovativ bezeichnet werden.
Es ist ein bestehendes Produkt auf einem bestehenden Markt. Um diesen Markt abzuschöpfen, geht es insbesondere darum der Konkurrenz Marktanteile streitig zu machen.
Überraschender Weise versucht Ryanair auch Bahnfahrer zu gewinnen. Damit erschließt es als erstes ernstzunehmendes Unternehmen der Luftfahrt auch Kunden von Bahn-Unternehmen. Wenngleich nur auf einigen Strecken.

Auf der Strecke Köln-Berlin hat das Unternehmen zahlreiche Kunden der Deutschen Bahn gewinnen können, weil Ryanair schneller und auch günstiger ist.
Zudem durchdringt es den Markt, indem es die Verwendungsrate der Kunden erhöht.
Während die Buchung eines Fluges früher nämlich eher eine seltene und teure Angelegenheit war, die man sich gut überlegte, verleiten die günstigen Preise von Ryanair auch zu Spontan-Reisen, die eigentlich nicht getätigt werden würden.
Marktentwicklung: Hotels & Mietwagen
Billigairlines machen bei einem Ticketpreis von unter 40€ grundsätzlich Verluste. Ryanair hat daher wie kaum ein anderes Unternehmen früh verstanden, dass es zusätzliche Services gegen Gebühren anbieten muss.
Kunden die es durch den Buchungsprozess schaffen, ohne etwas hinzuzubuchen können ein wenig stolz auf sich sein.
Das Unternehmen lässt keine Chance verstreichen um dem Kunden höherwertigere (Up-Selling) oder ergänzende (Cross-Selling) Produkte zu verkaufen.
Der Vertriebsprozess wurde darauf perfektioniert, und so wird beispielsweise noch ein Upgrade für mehr Gepäck, eine Sitzplatzreservierung oder eine Versicherung angeboten.
Da sich Kunden häufig nach der Buchung eines Fluges nach einem Hotel oder einem Mietwagen umsehen, hat Ryanair dies als neue Wachstumschance verstanden.

Seit einigen Jahren vermittelt es auf seiner Internetseite daher auch Mietwagen und Hotels und kassiert Provision für seine Vermittlungsleistung.
Hieraus erschließt sich das Unternehmen funktionale Zusatzmärkte. Kunden, die bereits einen Flug bei Ryanair gebucht haben, müssen sich damit nicht mehr bei verschiedenen Anbietern nach Flug, Mietwagen und Hotel umsehen.
Marketingstrategie zusammengefasst
- Massenmarketing: Nur ein Kundentyp
- No-Frills-Strategie: Kein Schnickschnack
- Markenmanagement: Einfach billig
- Marktdurchdringung: Gewinnung von Bahnfahrern
- Marktentwicklungsstrategie: Hotels und Mietwagen
Niedrigpreisstrategie: Kosten sparen überall
- Niedrige Standgebühren – 25 Minuten
- Flughäfen mit wenig Auslastung wegen Landegebühren
- Abgelegene Flughäfen
- Sitzplatzreservierung, Priority, Handgepäck, Check-In
- Piloten sind Selbstständig, keine Sozialversicherungsabgaben
- Subventionierung wirtschaftlich schwacher Städte
- Sitze haben keine Sitztaschen
- Wenig Kerosin wird getankt
- Skalenvorteile: Einkaufsmacht Rabatte bei Flugzeugen, Fixkostendegression
- Flugzeuge sprintsparend
- Hohe Auslastung
- Flugzeuginnenreinigung durch Stewardess
Marktdurchdringungsstrategie: Kunden von Lufthansa, Gewinnung von Bahnfahrern und Nicht-Kunden
- Gewinnung von Bahnfahrern
- Gewinnung von Nicht-Verwendern
Marktentwicklungsstrategie: Vermittlung von Hotels und Mietwagen
- Crossselling
- Internet strukturiert nach Flügen, Mietwagen und Hotels
Massenmarktstratgie: Gleiche Ansprache
- Keine Business Class
- Größtenteils gleiche Zielgruppenansprache
- Richtet sich an alle Zielgruppen gleich, im Grunde sind es jedoch preisbewusste Käufer